Chazzo – ein Münchner Street Art Künstler.

Chazzo; Foto: Chazzo

Ein Nachmittag bei Chazzo…

…ist etwas, das man nicht so schnell vergisst.

Susanne Graue und Chazzo Streetart
Chazzo und die Bloggerin. Und irgendwie geht ihr gerade ein Licht auf…;)

Stellt euch folgendes Setting vor: Ein unglaublich attraktiver Mann öffnet euch die Tür, ihr betretet eine stylisch eingerichtete Wohnung, an den Wänden die tollsten Street Art und Pop Art Bilder. Dann werdet ihr in die Küche gebeten, wo es schon nach einer köstlichen Quiche duftet, ein wunderbarer Sauvignon Blanc unterstreicht das Gericht und man steigt sofort in intensive Gespräche ein. Über das Leben und die Kunst. Es gibt wahrlich Schlimmeres…

Unsere erste Begegnung war mir allerdings entfallen. Wir hatten im üblichen Vernissagen- und Menschenchaos ein paar Worte gewechselt, bevor jeder weitereilte. Mein Kurzzeitgedächtnis war auch nicht gerade hilfreich. Und Chazzo hielt mich für eine dieser unverbindlichen und oberflächlichen Münchnerinnen (Neudeutsch: Bitch…) als ich bei unserer zweiten Vernissage grußlos an ihm vorbeieilte… Der dritte Anlauf war deutlich positiver: wir standen beim Sommerfest der Galerie Cornelia Walter am Tisch zusammen und kamen in ein intensiveren Austausch. Auf meine Frage nach einem Blogbeitrag über ihn und seine Kunst reagierte er allerdings etwas reserviert…

Ein bewegtes Künstlerleben…

Susanne Graue Stadtlocke
Chazzo – Follow your dreams

Chazzo kommt gebürtig aus dem Rheinland, wo er vor 20 Jahren im Künstlerhaus “Malkasten” jobbte. Dort begegnete er den großen Künstlern wie Jörg Immendorff, Günther Uecker und Toscanelli. Selber ein sehr kreativer Geist, stellte sich Chazzo durch die Gespräche vor Ort mit den Größen der Kunst immer wieder die Frage, wie weit kann Fantasie gehen, gibt es eine Grenze? Irgendein Limit, dass den eigenen künstlerischen Ausdruck doch im Zaum hält…?

Chazzo selbst hat einen sehr bewegten Lebenslauf. Eine Gemeinsamkeit mit mir: unterschiedliche berufliche Anfänge, Abbrüche, Experimente. Und auch darüberhinaus wurde ihm nichts geschenkt…das Leben hinterlässt Spuren, die man bedauernd beweinen  – oder eben transformieren kann. Für Chazzo wurde die Street Art zu der Möglichkeit, sich spielerisch, bunt, expressiv auszudrücken. Auf meine Frage, wie er sich selbst im Zusammenhang zu seiner Kunst sieht, meint er: “Ich bin ein zu schnell groß gewordenes Kind.”

Der Weg zur Street Art und Pop Art…

Die Liebe zum Design, zur Kunst, zur Lebensart führt ihn nach Paris, wo er einige Jahre lebt. Und die ihn in Verbindung mit einer sehr lebendigen Kunstszene bringt. Dies ist für mich einer der interessantesten Punkte in unserem Gespräch: Chazzos Schilderung der unterschiedlichen Herangehensweise an Kunst von Deutschen und Franzosen. Oder genauer: Münchner und Pariser.

Susanne Graue Stadtlocke Magazin
Chazzo beim Sprayen
Susanne Graue Stadtlocke Magazin
Drei von Chazzos Sammlerstücken: Vom Künstler Gum gestaltete Skateboards

Durch einen Freund findet er Eingang in die Szene der Kunstsammler und stellt fest, dass Kunst und das Sammeln derselben in Paris eine Selbstverständlichkeit ist. Unterschiedlichste Kunstformen haben ihre parallele Daseinsberechtigung, es wird nicht zwischen “guter” und “schlechter” unterschieden. Street Art und Pop Art existieren neben darstellender Kunst, ein klassisches Werk wird genauso wertgeschätzt wie ein eindrucksvolles Graffiti. Und vor allem: in Paris wird die Kunst auch schnell verkauft. Kein langes kompliziertes Abwägen, ob es gerade zur Einrichtung passt oder die Gäste der nächsten Dinnerparty verschrecken könnte… Für Chazzo der innere Durchbruch zum eigenen Ausdruck: Er zieht durch die Straßen und sprayt. In Paris kein Problem: “Ganz Paris ist eine Leinwand. Die Menschen leben damit, dass ihre Stadt sich ständig wandelt, in Bewegung ist. Dazu gehören auch Graffitis. Häufig bin ich über ein Wandbild mit Menschen ins Gespräch gekommen. Man freut sich, wenn einige Zeit später die Wand wieder anders aussieht und man etwas Neues hat, über das man sich austauschen kann.”

In Frankreich wird Chazzo vertreten durch: https://www.myartmakers.com/en/artiste/6336-klaus-peter-wittkamp

Chazzo in München…

Susanne Graue Stadtlocke Magazin
Ein von Chazzo gestaltetes Metroschild.

Wieder zurück in München, richtet Chazzo einen privaten Facebook Account ein und kommt recht schnell in Kontakt mit Street Art Künstlern und Galerien. Das Paris-Feeling wollte er nach good old Germany transportieren. Aber das stellt sich als gar nicht so einfach heraus… Durch den Austausch mit Street Art Künstlern und seine offene Haltung wird Chazzo plötzlich zum Marketing Manager vieler Künstler. Und das alles in seiner Freizeit und ohne einen Cent dafür zu verlangen. Durch seinen kreativen Brotjob abgesichert, widmet er sich mit viel Energie der Vermarktung, wobei ihm zu seinem Erstaunen in der Münchner Galerie-Szene mehr als einmal mit Herablassung begegnet wird. Street Art oder Pop Art? Wäre nichts für München, tauge nicht als Geldanlage für die Käufer und überhaupt…ist das Kunst?

Ist es.

Chazzos von ihm selbst entworfenes Tattoo.

Chazzo hat die Nase voll und fängt an, den Weg konsequent weiterzugehen, den er schon in Paris begonnen hatte: nach seiner Arbeit läuft er durch die Straßen, sprayt, lernt andere Künstler kennen und kann mit ihnen auch gemeinsam kreativ sein. Mit dem Münchener Urgestein der Szene, CAZ 132, ist er befreundet und arbeitet häufiger in seinem Atelier. Inspirationen holt sich Chazzo in der bunten Konsum- und TV-Welt. Aber vor allem schöpft er aus seinen Erfahrungen und Reflektionen. Eines meiner Lieblingsbilder ist die Tänzerin mit den blutigen Schuhen. “Ein echter Künstler gibt alles, er bereitet sich vor, entwirft, verwirft, ein langer Prozess mit viel Schweiß und Blut. Und am Ende bekommt das Publikum für einen kurzen Moment eine tolle Performance, genießt und geht wieder.” Den steinigen und oft auch schmerzhaften Schaffensprozess darzustellen, ist Chazzo wunderbar gelungen.

Chazzo, Tänzerin

Chazzo und die Street Art Szene…

Chazzo hat sich vor allem in Paris und Strasbourg einen Namen in der Szene gemacht. International hält er Kontakt zu den Street- und Pop Art-Größen: Hank China, Cren, Nasty, um nur einige zu nennen. Aber auch in München ist er immer mehr in den Fokus gerückt. Raiko Schwalbe, der Initiator der ARTMUC, hat ihn zu selbiger eingeladen und ein Besuch bei ihm am Stand ist für mich Pflicht. Hier der Link zur ARTMUC:  http://www.artmuc.info

Sein letztes Werk: er wurde vom Auktionshaus Christie´s angefragt, einen Beitrag für eine Versteigerung zu Gunsten einer Kinderhilfe zu fertigen. Durchaus ein Ritterschlag…

Auf meine Frage, warum er sprayt und was seine Kunst ihm persönlich bedeutet, antwortet er: “Wenn ich eines Tages von diesem Planeten gehe, lasse ich etwas hier. Meine Kunst ist mein Nachlass und so habe ich das Gefühl, nie ganz zu sterben.”

Chazzo, I´m in love.

Nachtrag vom 27.10.2017: Bei der Charity-Auktion von Christie´s Deutschland zugunsten des Kinderschutzhauses Mattisburg in Hamburg-Schnelsen, eingebettet in die Stiftung „Ein Platz für Kinder“, zeigten sich die rund 100 kunstinteressierten Gäste spendabel. 40.000 Euro wurden eingenommen und können nun den bedürftigen Kindern zu Gute kommen. (Quelle: welt.de vom 14.10.17)

Auktion bei Christie´s Deutschland, Versteigerung der beiden Werke von Chazzo; Foto: Wolfgang Metzdorf

Die beiden von Chazzo gespendeten Werke, ein Lego-Cube und ein Bild (siehe Foto oben) erzielten dabei den höchsten Betrag in der Auktion.

Chazzo, Love
Chazzo, Captain America auf Skateboard

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Comments 5
  1. Ist zwar schon etwas her, aber echt ein toller Beitrag 😎 Und stimmt, Streetart und Popart hat es hier in München schwer, an den Mann oder die Frau gebracht zu werden…. Aber die Zeiten ändern sich…

    1. Danke dir für deinen Kommentar liebe Gudrun! Ja, ich finde auch, die Zeiten ändern sich. Da haben auch Galerien und Messen mit zeitgenössischer Kunst und PopArt viel dafür getan in den letzten Jahren…

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